Ehrenamt? Wie soll ich das denn noch unterkriegen? Bekommt man da was für? Später vielleicht … mir kamen diese Gedanken auch bekannt vor. Eins vorweg: das Besondere am Ehrenamt ist, dass Menschen eben nicht aus reinem Eigennutz/Gewinnabsicht etwas tun, sondern einfach, weil ihnen ihr Ehrenamt, aus welchen Gründen auch immer, nah am Herzen liegt und sie einfach etwas Gutes tun wollen. Der Dank der Menschen, denen dieses Engagement zugute kommt, ist unermesslich und unbezahlbar. Dieser Dank verdoppelt mindestens das eigene Glück.
Manchmal hilft eine ehrenamtliche Tätigkeit aber auch, um eine schwere Zeit im Leben zu überstehen. Um wieder neuen Lebensmut zu fassen, um wieder aufzustehen, weil es da draußen etwas gibt, wofür es sich lohnt. Ich habe diese Phase vor vielen Jahren (leider oder zum Glück?) selbst erlebt. Wenn alles trostlos scheint, dann fängt man irgendwann an sich zu überlegen, was wirklich im Leben zählt und dass es so unendlich viele Menschen auf der Welt gibt, denen es wirklich schlecht geht. Mit diesem Gewissen kann eigentlich nur eins passieren – man entschließt sich, selbst ein klein weniges Gutes zu tun.
In meinen Fall fiel die Wahl auf eine ehrenamtliche Tätigkeit in meiner Nachbarstadt Bielefeld, wo es einen eigenen und deutschlandweit bekannten Stadtteil für Menschen mit Behinderungen gibt – genauer gesagt (die von Bodelschwinghsche Stiftungen) Bethel. Und da wollte ich hin. Was ich genau machen wollte, wusste ich damals noch nicht, als ich einfach losfuhr, um mich dort vor Ort zu erkundigen, wie ich denn ehrenamtlich tätig werden kann. Nachdem ich von hier nach dort geschickt wurde, landete ich zufällig in einem integrativen Café, der Neue Schmiede, in der Menschen unterschiedlichster Art zusammenkommen, entweder unten im Cafébereich oder z.B. jeden Dienstag im Spielecafé ganz oben im Dachgeschoss. Da so ein Spielecafé auch Menschen braucht, die es begleiten, kam meine ehrenamtliche Hilfe gerade richtig.
Und so verbrachte ich fast jeden Dienstagabend, nach meiner Berufsschule, im Spielecafé und begleitete Menschen mit Behinderungen aller Art. Zunächst musste ich mich schon etwas daran gewöhnen, um so dankbare bin ich bis heute für diese tolle Erfahrung. Wie man offen auf fremde Menschen zugeht, hatte ich im Hotel während meiner Ausbildung schon bestens gelernt, und ob nun jemand eine kleine Einschränkung hat oder nicht (haben wir die nicht eigentlich alle?), tut mal gar nichts zur Sache. Hauptsache, man ist ehrlich. Ehrliche Freude in dem Gesicht eines anderen Menschen zu sehen, ist wohl mit das Schönste, was es gibt.
Das Foto oben zeigt übrigens den Carnival der Culturen, eine große Straßenparade zu Ehren der verschiedensten Kulturen. Natürlich ist auch unsere Bethel-Gruppe (fast) jedes Jahr dabei. Und obwohl ich nicht mehr das Spielecafé begleite (da nach meiner Ausbildung leider doch dauerhaft die Zeit dafür fehlte), so versuche ich doch jedes Jahr als ehrenamtliche Begleitung beim Carival der Culturen dabei zu sein – DAS ist Glück für mich 🙂
P.s. ehrenamtlich engagieren kann man sich in so unglaublich vielen Bereichen, z.B. in Sportvereinen, in sozialen Einrichtungen, im Tierschutz und und und. Wenn man möchte, kann man sich sogar die Fahrtkosten dafür erstatten lassen. Seit einigen Jahren bietet beispielsweise das Bundesland NRW eine Ehrenamtskarte mit vielen Vergünstigungen für Ehrenamtliche im öffentlichen Bereich an.