fühlen, Menschen & Glück

Zwischen 10 Sekunden

Es ist Freitagabend, schon 21 Uhr, ich sitze auf dem Küchenboden und entrümpel eine Schublade…. Und genieße das Gefühl, mir endlich mal die Zeit dafür zu nehmen. Das Radio läuft nebenbei, eigentlich höre ich gar nicht richtig hin. Irgendwann (ich versuche gerade die Handschrift meiner Rezepte auf losen Zetteln zu entziffern) werden meine Ohren wach, im Radio läuft eines dieser Lieder, die dich auf wundersame Weise für 10 Sekunden aus dem „Zeitplan-Tunnel“ reißen und dich in das echte Leben, das, was chaotisch, konfus und nicht zu ordnen ist, abholen.

In meinem Fall ist es Marlon Roudette  – „new age“ (komisch, ich könnte mich nicht erinnern, schon mal Fan von ihm gewesen zu sein, noch stand dieses Lied auf meiner Favoriten Liste ansatzweise weiter oben), doch in diesem Moment macht es etwas mit mir, was man viel zu selten fühlt – das Leben mit all seiner Kraft.

Bestimmt kennt Ihr dieses Gefühl, wenn es überraschend da ist – meistens eingeläutet durch ein berührendes Musikstück. Wie oft hat man als Teenie im Kino gesessen, völlig gerührt und ergriffen von der perfekt auf die Szenen abgestimmten Musik (Baschi, Wiz Kahlifa, One Republic & Co. lassen grüßen). Und geht es uns nicht heute noch genauso? Geht es nicht sogar nur darum? Um Emotionen, um Gänsehaut, um Gefühle, um alles eben, was das Leben so mit sich bringt?

Wie gern glaubt man, man hätte alles im Griff, alles perfekt durchgeplant und dann macht doch wieder jemand einen Strich durch die Rechnung. That´s life. Zum Glück. Manchmal sind es aber auch sehr traurige Ereignisse, die dich wieder in das echte Leben „zurückholen“ – oftmals ist es der Tod eines geliebten Menschen. Dann ist erstmal lange nur noch ein Gefühl da – nennen wir es Leere. Wenn der Tod einen Sinn hat, dann den, um uns zu zeigen, wie unendlich wichtig der Moment ist, das Hier und Jetzt. Der Moment zwischen 10 Sekunden, den man bewusst wahrnimmt, bewusst genießt – gern mit den Allerliebsten. Wie oft sagt man „morgen, übermorgen, nächste Woche, irgendwann – jetzt nicht, denn ich habe keine Zeit“. Wie oft vergisst man, den Menschen, die man am meisten in sein kleines Herz geschlossen hat, zusagen, dass man sie liebt und zwar so wie sie sind. Wie oft wollte man sich nicht mehr über Kleinigkeiten ärgern, Menschen verfluchen oder das tun, worauf man wirklich Lust hat. Oft!

Aber das echte Leben ist zum Glück pfiffig genug, um uns aus dem Alltag loszureißen, und wenn es nur 10 Sekunden sind. Die Variante mit der Musik ist mir übrigens die Liebste von allen. Ob im Auto (klappt am besten bei Dunkelheit, wenn man als Beifahrer die beleuchtete Stadt anschaut), ob bei Hochzeiten (mit Livemusik beim Einzug – ja da braucht man wirklich Taschentücher für die Freudentränen) oder auf Open-Air-Konzerten. Egal wann – ich freue mich schon auf´s nächste Mal, muss ja nicht immer der Küchenboden am Freitagabend sein 😉

P.s. anbei ein Nachtrag aus aktuellem Anlass: dieser Beitrag hier war gerade zwei Wochen alt, quasi bereit zur Veröffentlichung, da erscheint plötzlich und wie aus dem Nichts ein wundervoller neuer Song meines Lieblingskünstlers Herbert Grönemeyer – „Sekundenglück“ – wenn das kein Zufall ist! Bitte unbedingt rein hören – einfach zauberhaft und joghurtleicht. „Und Du denkst, Dein Herz schwappt Dir über…“ – einfach auf den Punkt getroffen 🙂